FIW Policy Briefs | 2011-11

FIW-PB 13 Krisenbewältigung Schweiz und Österreich – Wirtschaftspolitische Aktionen korrigieren Marktversagen

Zusammenfassung:
Schweiz und Österreich sind offene Volkswirtschaften mit einem großen Bankensektor. Seit dem Zusammenbruch des Bretton Woods System 1971 steigt die Zahl der Finanzkrisen wieder an. Laut IWF gab es schon vor der letzten weltweiten Krise von 1970 – 2007 208 Währungskrisen, 124 Bankenkrisen, 63 Staatsschuldenkrisen. Die internationalen Kapitalflüsse, zuerst hohe Zuflüsse dann „sudden stopp“ oder sogar Abflüsse spielten bei den aktuellen Krisen in Europa eine zentrale Rolle. Sowohl Island, als auch Osteuropa, als auch die Krisenländer im Euroraum verzeichneten vor der Krise hohe Zuflüsse an Kapital, die sich in der Krise umkehren und durch öffentliche Finanzmittel ersetzt werden müssen, um eine geordnete Anpassung zu ermöglichen. Die Schweiz hat das umgekehrte Problem und muss sich mit Interventionen gegen die hohen Kapitalzuflüsse, die zu einer Überbewertung des Franken führten wehren. In allen diesen Fällen war staatliches Eingreifen gegen dieses Marktversagen durch überschießende Kapitalflüsse erforderlich. Insgesamt haben die Schweiz und Österreich die jüngste Krise durch wirtschaftspolitische Aktionen im internationalen Vergleich bisher gut, mit geringeren Wachstumseinbrüchen und einer rascheren Rückkehr zu Wachstum bewältigt. In der Schweiz Interventionen gegen die Frankenaufwertung, in Österreich die Stabilisierung Osteuropas durch EU/IWF, um Marktversagen zu korrigieren. Die finanziellen Auswirkungen waren allerdings unterschiedlich – in der Schweiz ein Verlust der Nationalbank von 36,3 Mrd. Franken (2010 und 1. Halbjahr 2011), in Österreich ein Gewinn von 2 Mrd. Euro für das Budget durch niedrigere Finanzierungskosten über die Laufzeit der 2009 und 2010 aufgenommenen Kredite. Auch das Verlustpotential liegt in Österreich niedriger. Umgekehrt ist die Lage bei den Banken-Hilfspaketen. Hier dürfte die Schweiz Gewinne erzielen, während in Österreich insgesamt eher Verluste zu erwarten sind. Die Schweizer Nationalbank könnte Währungsreserven dazu verwenden Staatsanleihen von Euroraum-Krisenländern zu kaufen. Das Marktversagen – Kapitalabflüsse aus Euroraum-Krisenländern, Kapitalzuflüsse in die Schweiz – würde damit direkt korrigiert und der Aufwertungsdruck auf den Franken verringert werden. Schweizer Investoren könnten ebenfalls diese Staatsanleihen kaufen und würden damit die Schweizer Nationalbank bei ihrem Bemühen zur Stabilisierung des Wechselkurses unterstützen.

Franz Nauschnigg (OeNB)
Krisenbewältigung Schweiz und Österreich – Wirtschaftspolitische Aktionen korrigieren Marktversagen
FIW-Policy Brief 13
November 2011
Sprache: Deutsch


Abstract:
Switzerland and Austria are open economies with large banking sectors. Since the collapse of the Bretton Woods system in 1971, the number of financial crises has been rising again. According to the IMF, there were 208 currency crises, 124 banking crises, 63 sovereign debt crises even before the last global crisis from 1970 – 2007. The international capital flows, first high inflows then „sudden stop“ or even outflows played a central role in the current crises in Europe. Both Iceland and Eastern Europe, as well as the crisis countries in the euro area, experienced high inflows of capital before the crisis, which reversed during the crisis and had to be replaced by public finance to allow for an orderly adjustment. Switzerland has the opposite problem and has to intervene to counter the high capital inflows that led to an overvaluation of the franc. In all of these cases, government intervention was needed to counter this market failure caused by excess capital flows. Overall, Switzerland and Austria have so far coped well by international standards with the recent crisis through economic policy actions, with lower growth slumps and a faster return to growth. In Switzerland, interventions against the appreciation of the Swiss franc; in Austria, stabilization of Eastern Europe by the EU/IMF to correct market failures. However, the financial impact has been different – in Switzerland a loss to the National Bank of 36.3 billion Swiss francs (2010 and H1 2011), in Austria a gain of 2 billion euros for the budget due to lower financing costs over the life of the loans taken out in 2009 and 2010. The potential loss is also lower in Austria. The situation is reversed for the bank aid packages. Here, Switzerland is likely to make gains, while losses are more likely in Austria as a whole. The Swiss National Bank could use currency reserves to buy government bonds of euro area crisis countries. The market failure – capital outflows from euro area crisis countries, capital inflows into Switzerland – would thus be directly corrected and the appreciation pressure on the Swiss franc reduced. Swiss investors could also buy these government bonds and would thus support the Swiss National Bank in its efforts to stabilize the exchange rate.

Franz Nauschnigg (OeNB)
Crisis Management in Switzerland and Austria – Economic Policy Actions Correct Market Failures
FIW-Policy Brief 13
November 2011
Language: German