FIW Policy Briefs | 2014-02

FIW-PB 23 Warum die Neue Industriepolitik die Deindustrialisierung beschleunigen wird

Zusammenfassung:
Der anhaltende Produktivitätsvorsprung der USA sowie die zunehmende Konkurrenz aus den Schwellenländern führen in Europa seit Mitte der 1990er-Jahre zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Fragen der Wettbewerbsfähigkeit. Höhepunkt ist der jüngste Appell der Europäischen Kommission zur Reindustrialisierung verbunden mit dem Ziel eines Anteils der Industrie an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung von 20%. Vor diesem Hintergrund stellt dieser Beitrag die Frage, ob der Strukturwandel von den Sachgütern hin zu den Dienstleistungen grundsätzlich umkehrbar ist. Einzelne Länder können zwar durch komparative Vorteile im internationalen Handel ihren Industrieanteil erhöhen, insgesamt wird die Deindustrialisierung aber von der mit steigenden Einkommen unterdurchschnittlich wachsenden Nachfrage und der überdurchschnittlich wachsenden Produktivität in der Erzeugung von Sachgütern bestimmt. Eine passive, auf Handelsbeschränkungen gerichtete Politik ist nicht wünschenswert und aufgrund der zunehmenden globalen Verflechtungen auch praktisch immer schwieriger umzusetzen. Eine aktive, das Produktivitätswachstum stärkende Industriepolitik ist hingegen notwendig und sinnvoll. Paradoxerweise wird sie aber entgegen der Zielsetzung der Europäischen Union langfristig den Rückgang des Anteils der Industrie an den gesamtwirtschaftlichen Einkommen nicht umkehren, sondern beschleunigen.

Michael Peneder (WIFO)
Warum die Neue Industriepolitik die Deindustrialisierung beschleunigen wird
FIW-Policy Brief 23
September 2014
Sprache: Deutsch


Abstract:
The USA’s continuing productivity lead and increasing competition from the emerging economies have led to an intensive debate in Europe since the mid-1990s on questions of competitiveness. The culmination is the European Commission’s recent call for reindustrialization combined with the goal of a 20% share of industry in total economic value added. Against this background, this article asks whether the structural shift from tangible goods to services is fundamentally reversible. Individual countries may be able to increase their industrial share through comparative advantages in international trade, but overall deindustrialization is determined by below-average growth in demand with rising incomes and above-average growth in productivity in the production of tangible goods. A passive policy aimed at trade restrictions is not desirable and is also increasingly difficult to implement in practice because of increasing global interdependencies. An active industrial policy that strengthens productivity growth, on the other hand, is necessary and sensible. Paradoxically, however, contrary to the European Union’s objective, in the long term it will not reverse the decline in industry’s share of total economic income, but accelerate it.

Michael Peneder (WIFO)
Why the New Industrial Policy will accelerate deindustrialization
FIW Policy Brief 23
September 2014
Language: German